Der Überraschungseffekt des Süßen: veganer Kugel

Ich möchte keinesfalls jemanden verletzen, aber in meiner Heimat hat die polnische Küche keinen guten Ruf: Bei uns sagt man, oder spottet sogar, dass polnisches Essen verkocht und nicht genug gewürzt sei, keinen Geschmack habe, oder – relevanter für diesen Post – dass es überzuckert sei.

Das ist natürlich Unsinn. Essen schmeckt nur dann nicht gut, wenn man es falsch zubereitet. Ich bin ein begeisterter Fan der polnischen Küche, und ihre Speisen spielten in meiner Kindheit eine wichtige Rolle bei meiner Ernährung. Trotzdem muss ich zugeben, dass im Laufe der Zeit viele Köche dem Ansehen der polnischen Küche/Kochkunst geschadet haben. Mit dem folgenden Rezept möchte ich also anfangen, diesen Ruf zu verbessern. Das ist ein Rezept für Kugel: traditionellen jüdisch-polnischen – und ja, süßen – Nudelauflauf. (Mehr über Kugel unter dem Rezept).

Das stimmt zwar, dass in der polnischen Küche viel Zucker verwendet wird, auch bei Speisen, bei denen man gar keinen süßen Geschmack erwartet. Ich finde das aber nicht schlimm: Als Köche können wir Vorteile aus dem “Überraschungseffekt” ziehen. Merkt es euch, wenn ihr das Gericht auf den Tisch stellt.

Kugel: süßer Nudelauflauf mit Rosinen und Zimt

  • Portionen: 8-10
  • Zubereitungszeit: 15 Min.
  • Kochzeit: 30 Min.

Zutaten

  • 1 Schachtel (400-500 g) Nudeln, am besten flache Nudeln
  • Ca. 1 Glas (200 ml) Rosinen
  • 1+1 EL Zimt
  • 1-2 EL Zucker (nach Geschmack und Diät)
  • 1 EL Kartoffelmehl
  • 4 EL Bratöl (oder Kokosöl)
  • ½ TL Salz

Zubereitung

  1. Den Ofen auf 180°C erhitzen.

  2. Die Nudeln in einem Topf mit Wasser und einem Löffel Zimt kochen, bis sie ganz gar sind (müssen nicht “al dente” sein, und sollten eigentlich ganz weich sein).

  3. Die Nudeln mit einem Sieb aus dem Wasser holen und ein Glas (150-200 ml) vom Kochwasser für später aufheben.

  4. In einer großen Schüssel die Nudeln mit den Rosinen, dem Zucker, einem Löffel Zimt und dem Salz gut vermischen.

  5. In einem anderen Gefäß das Kartoffelmehl mit dem Kochwasser und dem Bratöl gut vermischen. Falls das Mehl klumpt, nutzt einen Handmixer, um eine gleichmäßige Mischung zu bekommen. Die Mischung in die Schüssel mit den Nudeln geben und alles gut vermischen.

  6. Eine “English-Cake”-Backform oder eine runde 23-cm-Kuchenform einölen, die Masse hineingeben und dabei immer wieder fest zusammendrücken.

  7. Im Ofen ca. 30 Minuten backen, bis die Oberfläche des Auflaufs braun und knusprig wird.

  8. Es ist sehr empfohlen, den Auflauf vor dem Essen ca. 30-45 Minuten abkühlen zu lassen, denn er wird dann noch fester. Er schmeckt super, auch wenn er ganz kalt ist. Es ist also kein Problem, wenn ihr den Auflauf einen Tag vor der Mahlzeit zubereitet.

Kugel, Kigel, Kügel: traditioneller jüdisch-polnischer Nudelauflauf

Dieses Gericht aus der jüdisch-polnischen bzw. osteuropäischen Küche ist in meiner Heimat unter dem Namen “Kugel” oder “Kigel” bekannt (das “i” ist kein Fehler, sondern eine typische jiddische Ausprache vom deutschen “u” oder “ü”). Warum Kugel, wenn das oben genannte und fotografierte Gericht nicht kugelförmig ist? Weil es traditionell in einem runden Topf und auf offenem Feuer gebacken wurde. Ich finde Backformen jedoch praktischer.

Kugel macht man normalerweise am Schabbat oder am Feiertag, aber nicht unbedingt, weil er besonders festlich ist, sondern, weil man ihn stundenlang auf ganz kleiner Hitze kochen lassen kann. Orthodoxe Juden dürfen am Schabbat nicht kochen, aber den Kugel kann man am Freitag Nachmittag anfangen zu kochen und am Mittagessen des Schabbats (also am Samstag) warm genießen. Ich bin zwar in einer säkularen Gesellschaft aufgewachsen, aber wir behalten diese Tradition trotzdem bei, und bei uns wird Kugel fast immer nur an Feiertagen zubereitet.

Ursprünglich aus Israel, wohne in Berlin seit 2013. Koche seitdem ich ungefähr 9 war, und Veganer seit 2011. Außer Kochen und darüber Schreiben bin ich Fan von Kunst, Musik, Filmen, Literatur, Fotografieren, Geschichte (habe sie auch studiert) und Katzen. Besonders Katzen.

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